Offener Brief von Prof. Horst Thomas zum Artikel „Zufrieden trotz Fluglärms“ in der Frankfurter Neue Presse

Zum Artikel „Zufrieden trotz Fluglärms“ hat PROF. DIPL.-ING.HORST THOMAS aus Flörsheim folgenden offenen Brief an die Frankfurter Neue Presse gesendet:

PROF. DIPL.-ING. HORST THOMAS
ARCHITEKT, STADTPLANER, DENKMALPFLEGER Flörsheim am Main, 28.Januar 2014

Technische Hochschule Nürnberg Georg-Simon-Ohm
Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung
Arbeitskreis Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V.

OFFENER BRIEF

an die Frankfurter Neue Presse

Ihre Ausgabe als „junge Zeitung“ vom 25.Januar 2014, Seite Rhein-Main & Hessen
Beitrag: Zufrieden trotz Fluglärms – Eine Familie ist in Flörsheim in die Einflugschneise gezo-gen“

Sehr geehrte Damen und Herren,

in Ihrer Sonderausgabe berichten zwei Ihrer Schülerredakteure in einem Sechsspalter (!) unter der extrafetten und reißerischen Überschrift „Zufrieden trotz Fluglärms – Eine Familie ist in Flörsheim in die Einflugschneise gezogen“. Darunter ist ein gemaltes Bild zu sehen: Eine Familie im grünen Garten, der Vater schläft im Liegestuhl, die Mutter hängt Wäsche auf die Leine, ein Kleinkind spielt im Sandkasten und ein etwas größeres Kind rast mit seinem kleinen Fahrrad durch den Garten.

Riesengroß über der Idylle setzt ein monströses Flugzeug zur Landung an. Mit ausgefahrenem Fahr-werk, das beinahe das Hausdach streift. Es nimmt annähernd die ganze Bildbreite ein und ragt weit nach oben aus dem Bild heraus bis in die fette Überschrift, die auseinander gezogen wird, um für die Schnauze des Flugzeugs Platz zu lassen. Der Vater schläft weiter und niemand scheint die Situation am Himmel wahrzunehmen. Zum Flugzeug: ich fragt sich, ob es – von wem auch immer – in das Schülerbild hineinmontiert wurde. Zwischen der professionellen Darstellung des gemalten Flugzeugs und der naiven Haus- und Gartenszene besteht jedenfalls ein erheblicher stilistischer Kontrast. Ohne das Flugzeug ist auch die dargestellte Idylle im Garten nachvollziehbar, mit ihm nicht. Ein Text zum Bild ist in die Malerei hineingeschrieben. Sie lautet: „Happy im Eigenheim: Trotz dem einen oder an-deren Flieger schöner Wohnen in Flörsheim“.

Verzeihen Sie mir bitte aber ich nehme Ihnen die seriöse Entstehung dieses Beitrags nicht ab. Die ganze Geschichte und ihre Aufmachung sprechen die eindeutige Sprache von jemandem, der die Schüler instrumentalisiert, um damit sein eigenes Süppchen zu kochen, will sagen, eine emotionale Befürwortung des Flughafenausbaus zu betreiben. Einzelheiten der Formulierung wie im Bildtext „… der eine oder andere Flieger …“ und „… schöner Wohnen in Flörsheim …“ sind bewusst gesetzt um die Fluglärmbetroffenheit klein zu reden. Die falsche Verwendung eines Dativs statt des korrekten Genetivs soll vermutlich ablenken. Der Süppchenkocher als heimlicher Verfasser will den Anschein erwecken, die Schüler hätten auch das geschrieben. Deren Deutsch ist aber korrekt und deren Beitrag spricht eine andere Sprache.

Der Text der beiden Schüler ist tatsächlich recht differenziert und sie bemühen sich um Ausgewogen-heit. Sie stellen auch die Belastungen dar, berichten von einer Überflughöhe von 250 Meter. Sie zitie-ren auch den aus Flörsheim weggezogenen früheren Hausbesitzer, einen Piloten, der feststellt, dass man sich an solchen Fluglärm wie hier nicht gewöhnen kann. Den Schülern mache ich also keine Vorwürfe. Dass sie sich auf das Thema eingelassen haben ist erklärbar, will doch jeder kritische junge Mensch ein kontroverses Thema auch einmal gegen den Strich zu bürsten. So hat man ihnen den Themenvorschlag wohl auch verkauft.

Demjenigen, der ihnen das Thema nahe gebracht hat und der für die manipulierte Aufmachung des Beitrags verantwortlich ist, werfe ich aber vor, dass er statt über politische Inhalte zu berichten oder sie unter seinem Namen offen zu kommentieren, selbst Politik machen will – aber aus der Deckung heraus, unkenntlich, weil verschanzt hinter Schülerjournalisten.

Sein Ziel scheint er jedenfalls erreicht zu haben. Zwei Ausgaben weiter liest man in der FNP einen Leserbrief – per E-Mail; also von woher er kommt, weiß man nicht – dass der Fluglärm nur „Geräu-sche“ seien und „durchaus zu ertragen, sonst würden Familien mit Kindern nicht bewusst in die Ein-flugschneise ziehen“. Gratuliere zu dieser (journalistischen?) Effektivität, Herr Süppchenkocher!

Übrigens: die Leute, denen der Fluglärm 250 m über ihrem Kopf nichts ausmacht, wohnen zur Miete und nicht im Eigentum. Sie müssen keinen Wertverlust ertragen und können jederzeit wieder wegzie-hen. Vermieter ist übrigens der Flughafenbetreiber. Jetzt wäre noch interessant zu wissen, ob es sonst noch eine Verbindung zwischen den Mietern und FRAPORT gibt.

Grüße aus Flörsheim

Professor Horst Thomas
Architekt und Stadtplaner

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