Man lernt nie aus: Als Studiogast bei „Hessen extra: Landebahn, Lärm und Nachtflüge – Lösung in Sicht?“ am 13.03.2012

Ein Studiogast der Livesendung hat einen interessanten Beitrag geschrieben:

„Sie sind hier unsere Gäste, und wir bestimmen die Regeln, bitte richten Sie sich danach.“ (Moderator Alois Theisen – Anmerkung E.C.)

Was hatte ich erwartet und warum hatte ich mich um Teilnahme bemüht?
Jedenfalls die Möglichkeit, zusammen mit anderen Flughafenausbaugegnerinnen und
-gegnern den Vetreter des Bündnisses der Bürgerinitiativen moralisch unterstützen zu können, vielleicht sogar, spontan eine zur Diskussion passende Frage in Verbindung mit einem (ganz kurzen) Statement platzieren zu können. Wenn denn schon  von vorne herein klar war, dass er mehr oder weniger allein gegen drei „Hochkaräter“ des Flughafenausbaus würde argumentieren müssen.

Was war ich bereit, dafür in Kauf zu nehmen?
Die Angabe meiner persönlichen Daten bei der Anmeldung,
das vorherige Einreichen von Fragen, die mir wichtig erschienen,
grenzenlose Geduld und ein Höchstmaß an Selbstkontrolle, um der eigenen Sache nicht durch unangemessenes Verhalten zu schaden und sich nicht dem Vorwurf von Intoleranz, Unsachlichkeit und Unbeherrschtheit ausgesetzt zu sehen.
So „platziert“ zu werden, wie es die Verantwortlichen des Senders für die Sendung am zuträglichsten finden würden.
Vielleicht nur Zuschauer zu sein, ohne etwas beitragen zu können.

Womit hatte ich nicht gerechnet?
Ich hatte nicht damit gerechnet, dass mein Vetreter nur ca. 6 von 90 Minuten Sendung zu Wort kommen würde und dass man auch noch versuchen würde, ihn bei zwei seiner drei Beiträge (oder hat man ihm am Ende sogar ganze viermal das Wort zugestanden?) zu unterbrechen und ihm das Wort abzuschneiden.

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass wir Flughafenausbaugegner nur im vom Podium entferntesten Bereich untergebracht wurden, während eine ganze Gruppe der Gefolgsleute der Ausbaubefürworter unmittelbar im Rücken unseres Vertreters platziert wurde.

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass die gesamte angekündigte „Beteiligung des Publikums“ sich darauf beschränken würde, dass man 2 Ausbaugegnern die Gelegenheit gab, jeweils eine von der Regie vorsortierte und vorgefilterte Frage vorzulesen.

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ein großer Teil der Sendung für sehr unwesentliche „Veranschaulichungen“ verschwendet würde, wie beim Messen der Lautstärke von Keyboard-Musik oder durch die Erörterung der Frage, warum und wo am Flugzeug beim Fliegen Lärm entsteht.

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass den massiven gesundheitlichen Belastungen durch Lärm und Schadstoffe, letztlich für die gesamte Region Fragen von „Leben und Tod“, ein so geringer Stellenwert eingeräumt würde, und sie gewissermaßen als minder wichtige „Beeinträchtigungen“ beiläufig abgehandelt würden.

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass völlig offensichtliche Fehlinformationen (man kann und darf das auch „wahrheitswidrige Aussagen“ oder „Lügen“ nennen) unreflektiert über den Sender gehen und Journalisten überhaupt nicht kritisch nachhaken. Als Beispiele nenne ich das Märchen vom „Jobmotor“ Flughafen und die Verkündung, der Lärm werde bald durch entsprechende Maßnahmen erheblich reduziert etc.
Ehrlich gesagt, hatte ich insgesamt nicht damit gerechnet, dass die HR-„Journalisten“ in diesem Ausmaß und nahezu unverhohlen die Positionen der Landesregierung und der Wirtschaftsmächte Fraport und Lufthansa unterstützen würden.

Warum war es für mich dennoch richtig, bei der Veranstaltung als Studiogast mitzumachen?
Es ist mir gelungen, unserem Vetreter vor der Sendung von meinem entfernten Platz aus ermunternd zuzuwinken und ich glaube, es hat ihm gut getan.

Ich glaube, dass trotz allen Kalküls bei dieser unfairen Inszenierung unser Applaus und unsere Publikumsreaktionen wichtig waren, so wie es für uns Besucher wichtig war, uns gegenseitig Mut zu machen und uns optimistisch zu stimmen.

Es war mir möglich, unserem Vertreter nach Ende der Sendung ein Feedback zu geben und ihm zu sagen, dass er seine Sache ganz hervorragend gemacht hat, besonders in Anbetracht dieser ganz unsäglichen Rahmenbedingungen.

Ich konnte beobachten, wie es einem Mitbesucher spontan gelungen gelungen ist, sofort nach dem Ende der Sendung zu Herrn Schulte zu gehen und ihm laut und deutlich zu sagen, dass das Leben im Einzugsbereich der Landebahn für die Menschen, die dort wohnen, tatsächlich unerträglich ist, ganz gleich was er darüber ständig sagt oder vielleicht auch denkt.

Ich habe die Möglichkeit, die Erfahrungen, die ich machen konnte, weiterzugeben und zu reflektieren – und vielleicht ergeben sich beim nächsten Mal dann ja für andere – und vielleicht auch für mich – noch weitere differenzierte Reaktions- und Handlungsmöglichkeiten.

Lassen sich die Erfahrungen für ein nächstes Mal nutzen?
Ein Beispiel kann ich schon jetzt nennen.
Man muss sich ja nicht, wenn man das Wort bekommt, um eine vorgefilterte Frage vorzulesen, an diese Frage gebunden fühlen und könnte stattdessen spontan reagieren.
Vor allen Dingen wichtig erscheint mir, sich, aufbauend auf solche Erfahrungen, vorher mit Gleichgesinnten gemeinsam zu verständigen und sich nicht völlig unvorbereitet einer solchen Situation auszusetzen.
Ich hoffe, mit diesem Text zur Diskussion angeregt zu haben.

14.03.2012

F. H.

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